ehemalige "Mühle" oder auch "Ahnermühle" Burkhardtsdorf

Heimatgeschichte – Die "Obere Mühle" oder „Ahnermühle“

Das Umfeld dieser Informationstafel gehörte früher zu einer Mühle. Sie war neben dem Lehngericht das einzige Einhufengut und die dazugehörigen Flächen reichten bis zum Bach im Abtwald.
Die Mühle wurde auch „Obere Mühle“ genannt und ist seit 1590 nachweisbar. Von 1604 bis 1819 gehörte sie mehreren Generationen der Müllerfamilie Viehweger.

Im Jahre 1819 kaufte Johann Traugott Ahner aus Gornsdorf die Mühle. Seitdem wurde sie auch als „Ahnermühle“ bezeichnet. Als erste Baumaßnahme erbaute Ahner ein Wohnhaus jenseits des Flusses, welches benötigt wurde, um die alte Mühle neu zu errichten. 1839 übergab Johann Traugott Ahner das Mühlengut aus gesundheitlichen Gründen seinem ältesten Sohn Christian Friedrich Ehregott Ahner. Dieser riss 1840 die alte Mühle ab und errichtete ein neues Gebäude, welches vollkommen aus Feldsteinen erbaut war.


(Foto 1: ältestes Foto der neu erbauten alten Mühle als Spinnerei, Foto: Hellmuth Hofmann, Bildarchiv AG Ortschronik)

Es diente sowohl als Mahlmühle als auch als Spinnmühle. 1846 kam östlich davon noch eine Fabrik dazu, die ebenfalls als Baumwollspinnerei genutzt wurde.


(Foto 2: von Ahner ebaute neue Fabrik etwa 1936, Foto: unbekannt, Bildarchiv AG Ortschronik)

Nach dem Ableben des letzten Ahners wurde das Gelände mit den darauf befindlichen Gebäuden zergliedert und verkauft. In der alten neu aufgebauten Mühle entstand die Strumpfwirkerei der Gebrüder Friedrich Richard und Carl Adolf Hofmann. Als Carl Adolf Hofmann 1930 verstirbt, kommt es zur Zwangsversteigerung. Ersteigerer war Ernst Hertel, ein Tischler, welcher es als Möbellager mit Verkaufsräumen nutzte. „Möbelhaus“ konnte man noch lange über dem Schaufenster lesen.


(Foto 3: Die alte Mühle mit Aufschrift Möbelhaus. Foto: Sammlung Hans Joachim Gruhne, Bildarchiv AG Ortschronik)

Er war es auch, der eine Vielzahl neuer Wohnungen in das Gebäude einbauen ließ. Auch heute dient das Haus noch Wohn- und Gewerbezwecken. Schon viele Jahre ist hier ein Fotograf eingemietet.

In Ahners Fabrik zog 1884 für vier Jahre eine Stoffhandschuhfabrikation ein. Ihr Besitzer war Matthee Herfurth aus Chemnitz. Herfurth war nur kurz Eigentümer. Er errichtete zwischen 1885 und 1889 neben der alten Mühle ein Wirtschaftsgebäude ...


(Foto 4: Herfurths Wirtschafts- und Seitengebäude, Foto: unbekannt, Bildarchiv AG Ortschronik)

... und eine Villa zu Wohnzwecken. Danach stieß er die Fabrik wieder ab. Neuer Besitzer der Fabrik wurde die Firma Martin & Werner, welche hier eine Strumpffabrik betrieb. Nach einem fürchterlichen Brand am 6. April 1897 stand die Fabrik wieder zum Verkauf.

Im Jahre 1901 kaufte Herfurth das Rittergut Rabenstein und verließ Burkhardtsdorf. Die Gebäude in seinem Besitz kaufte der spätere Eigentümer der Ahnerschen Fabrik, die „Firma Körner & Fiedler“.


(Foto 5: Kindergarten im ehemaligen Herrenhaus etwa 1967, Foto: Repro Paul Wieland, Bildarchiv AG Ortschronik)

Die ehemalige Villa dient seit dem Jahre 1966 als Kindergarten des Ortes. Mehrere Um- und Anbauten waren nötig, um die wachsende Zahl der zu betreuenden Kinder unterzubringen. Der parkähnliche Garten des alten Herrenhauses eignet sich vorzüglich zum Spielen und Toben.

Zurück zur Fabrik: der nächste Eigentümer wurde nun ab Mai 1897 die Firma „Körner und Fiedler“, deren Firmenbezeichnung mehrfach wechselte. So nannte sie sich 1907 „Fiedler & Co.“, 1910 „Fiedler & Co. GmbH“ und 1924 „Fiedler & Co. Mechanische Weberei“. Anfang 1900 erweiterte die Fa. „Körner & Fiedler“ die Produktionsfläche auf das hinter der Fabrik befindliche Gelände. Es wurde ein modernes Produktionsgebäude mit Sheddach gebaut. Diese Firma baute auch die abgebrannte Fabrik wieder auf, allerdings nur dreistöckig und mit Flachdach. Auch das Gewerbe wurde ein anderes. Die neuen Eigentümer begannen hier mit einer mechanischen Seidenspinnerei. Durch diese Erweiterung erhielt die Ahnersche Fabrik wieder einen neuen Eigentümer und diente von 1938 bis 1989 als Strumpfveredlung mit Kartonagenherstellung.


(Foto 6: Seidenspinnerei mit Sheddach etwa 1924, Foto: Repro Paul Wieland, Bildarchiv AG Ortschronik)

Im Jahre 1910 kam zur genannten Fabrik noch eine Färberei dazu, wo die Garne für die Seidenweberei selbst gefärbt werden konnten. Als um 1940 die Seidenproduktion zurückging, standen die Gebäude zum Verkauf, welcher sich schwierig gestaltete. Zwischenzeitlich wurde die Gemeinde Burkhardtsdorf Eigentümer und vermietete die Gebäude zu Lagerzwecken. 1943 wurde dann die Firma „Sanapol“, eine Lack- und Farbenfabrik neuer Eigentümer. Diese war ein Spezialbetrieb des Reichsministers für Bewaffnung und Munition. Sie fertigte Speziallacke, die an Heer, Luftwaffe und Marine geliefert wurden.

Am 14. Februar 1945 wurde die gesamte Industrieanlage mit all ihren Gebäuden durch die Bombardierung von Burkhardtsdorf zerstört. Keines der Gebäude wurde verschont. Nach dem Wiederaufbau war in der alten Seidenspinnerei eine Schweinemastanlage untergebracht.


(Foto 7: Schweinemastanlage etwa 1964, Foto: unbekannt, Bildarchiv AG Ortschronik)

In die gegenüber liegende Färberei zog die Maschinen-Traktoren-Station ein. Im Jahre 2002 riss man die gesamte alte Bausubstanz ab.

    (Fotos 8 und 9: Abriss Gelände Sanopol 2002, Foto: Siegfried Pfüller, Bildarchiv AG Ortschronik)


(Foto 10: Abriss Gelände Sanopol 2002, Foto: Siegfried Pfüller, Bildarchiv AG Ortschronik)

Geblieben sind nur die alte, neu aufgebaute Mühle und die alte Färberei, wo jetzt das Museum der Bulldogfreunde Erzgebirge untergebracht ist.

Auf dem frei gewordenen Gelände entstand eine neue Sport- und Mehrzweckhalle mit großem Parkplatz, welche am 17. Januar 2004 eingeweiht wurde.
Die Bauzeit betrug 2 Jahre, die Gesamtkosten beliefen sich auf 3 Millionen Euro.


(Foto 11: Bau neue Mehrzweckhalle 2003, Foto: Georg Siegert, Burkhardtsdorf, Bildarchiv AG Ortschronik)

Der Parkplatz dient auch bei großen Veranstaltungen als Festplatz, so zum Ortsjubiläum 2009 und zu den Events der Bulldogfreunde Erzgebirge.

Hinter der Mehrzweckhalle entstand das neue Domizil der „Privilegierten Schützengesellschaft Burkhardtsdorf seit 1868" e. V.

Wenige Schritte weiter befindet sich der neue Haltepunkt „Burkhardtsdorf-Mitte“ der Eisenbahnlinie Chemnitz – Aue. Seit Anfang 2022 halten
hier die modernen Wagen des „Chemnitzer Modells“.


(Foto 12: Einweihung Haltepunkt Burkhardtsdorf Mitte, Foto: Siegfried Pfüller, Burkhardtsdorf, Bildarchiv AG Ortschronik)

Zur gesamten Geschichte der „Ahnermühle“ erschien 2018 das Buch „Es klappert die Mühle am rauschenden Bach – Vom Werdegang alter Mühlen in Burkhardtsdorf, Teil I – Die Ahnermühle“ der AG Ortschronik Burkhardtsdorf.


(Foto 13: Buch über die Ahnermühle, Bildarchiv AG Ortschronik Burkhardtsdorf)

Die Texte und Bilder zu diesem Beitrag werden bei Bedarf aktualisiert.

Weitere Hinweise oder Fotos zum Text nimmt die AG Ortschronik Burkhardtsdorf gern entgegen. Bitte setzen Sie sich mit uns in Verbindung.

Kontakt:

oder postalisch:  AG Ortschronik, Platz der Jugend 12, 09235 Burkhardtsdorf